"Keine Flöhe im Kopf gehabt"
Nachrodt-Wiblingwerde - Er ist nicht überkandidelt. Augenscheinlich will sich niemand ein Denkmal setzen. Im Bauhaus-Stil, schnörkellos und modern soll der Anbau am Amtshaus werden und damit dem altehrwürdigen Gebäude den optischen Vorrang lassen. Doch die spannenden Ideen kosten auch "spannendes Geld".
Die Architekten Torsten Neumann und Peter Quittmann stellten den Mitgliedern des Planungs- und Bauausschusses die Pläne für die Sanierung des Amtshauses und die Anbau-Ideen vor, die große Zustimmung fanden. Das Ziel: eine Lösung, die dem alten Amtshaus gerecht wird, aber auch zielgerichtet in die Zukunft blickt.
„Es ist kein Wunschkonzert der Verwaltung, wir haben keine Flöhe im Kopf gehabt“, so Bürgermeisterin Birgit Tupat. Das Vorhaben ist auf dem notwendigen Platzbedarf und auf eine bürofreundliche Verwaltung ausgerichtet. Kosten für alles: 4,7 Millionen Euro. Um das stemmen zu können, sollen verschiedene Fördermittel zeitnah beantragt werden.
"Zeitnah", war auch das Wort, mit dem die Sozialdemokraten haderten. Sie hätten sich mehr "Spielraum" für Diskussionen und Mitgestalten gewünscht. Dies soll aber in der Feinplanung möglich sein. "Wenn der Rat Montag beschließt, fangen wir nicht Dienstag an zu graben", so die Bürgermeisterin.
122 Jahre alt ist das Amtshaus, das dringend saniert werden muss. Es steht seit 1987 unter Denkmalschutz. An Form und Farbe soll nicht gerüttelt werden. Die Kellerräume sollen zukünftig bestenfalls als Lagerstätte genutzt werden - Schwamm und der Schimmelpilz Stachybtrys chartarum hatten den Kellerräumen den Garaus gemacht. Erdgeschoss, Obergeschoss und Dachgeschoss werden denkmalgerecht saniert - wobei möglichst viel der Bausubstanz erhalten bleiben soll.
Die Statik wird als positiv eingeschätzt, dennoch sind einzelne ergänzende Unterstützungsmaßnahmen erforderlich. Das urzeitliche Treppenhaus ist aus Sicht aller Beteiligten absolut schützenswert. "Es hat mit seinem Materialien aus Holz und seinem Laufbreiten nicht mehr die erforderlichen Abmessungen und genügt nicht mehr den Brandschutzanforderungen, aber ist erhaltenswert und kann als zweiter Rettungsweg genutzt werden", so Torsten Neumann. Auch die Glaskunst an den Fensterelementen soll - wenn auch neuzeitlich - weiterhin eingebunden sein. Das Dach muss komplett erneuert und energetisch ertüchtigt werden. Die Tonziegel werden auch heute noch produziert, sodass die Optik bleiben kann.
"Man muss Kompromisse finden"
"Die Denkmalbehörde hat oft die Einschätzung, dass alles, was alt ist, erhalten werden muss, koste es, was es wolle. Viele Dinge muss man aber diskutieren und Kompromisse finden", so Torsten Neumann.
Verbunden wird das Amtshaus mit dem Neubau durch ein zweigeschossiges Foyer mit einem transparenten Verbindungsgang. Die Architektursprache des Neubaus, so formulierte es Peter Quittmann, ist zeitgemäß. "Man sollte schon sehen, dass 2021/2022 gebaut ist und nicht vorgibt, von 1880 zu sein."
Dennoch nimmt der Neubau Bezug auf das denkmalgeschützte Gebäude, von den Maßen, von den Proportionen. Ankerpunkt ist ein zentrales Foyer. Angeschlossen ist ein Bürgersaal mit etwa 100 Quadratmetern, der multifunktional nutzbar sein soll.
Barrierefreiheit soll durch einen Aufzug ermöglicht werden. Da alle Etagen niveaugleich an das Bestandsgebäude angeschlossen sind, könnten alle Mitarbeiter als auch alle Besucher problemlos sämtliche Büros erreichen. Aufzug, neues Treppenhaus und WC-Anlagen werden im Neubau untergebracht. Das Gebäude wird dreigeschossig und bekommt ein Flachdach.
Um ein harmonisches Gesamtbild zu erreichen, werden nach den Plänen Fensterformate des Amtshauses im Neubau aufgenommen. Für die Fassade ist ein sandfarbenes Klinkermauerwerk mit "geschlämmter Oberfläche" geplant, um die Farbgebung des Baudenkmals aufzunehmen, "ohne sich in den Vordergrund zu drängen", erklärte Architekt Peter Quittmann. Einstimmig empfiehlt der Bauausschuss dem Rat, der am 31. August ab 17 Uhr bei Holzrichter tragt: Der Anbau an das bestehende Amtshaus soll wie geplant errichtet und unterkellert werden. Die Förderanträge sollen fristgerecht sowohl über das Denkmalförderprogramm als auch über die Städtebauförderung und über das Klimaschutzkonzept gestellt werden. Die notwendigen Eigenanteile sind im Haushalt einzuplanen.
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